Seit dem Release von ChatGPT von OpenAI im Jahr 2020 sorgt die KI für Furore. Zuletzt mit dem Modell ChatGPT-4 im März 2023. Und nun steht bereits die nächste Neuerung im Raum: Custom GPTs. Diese vom Nutzer konfigurierten digitalen Assistenten, die im Kern individualisierte Chatbots sind und mit eigenen Daten gefüttert werden, bringen sowohl Versprechen als auch Herausforderungen mit sich. Wir blicken kritisch auf diese aufstrebende Technologie, fernab von Hype und Spekulation.
1. Der Unterschied zu Standard-Apps
Custom GPTs sollen den Umgang mit Technologie neu definieren. Im Gegensatz zu Standard-Apps, die festgelegte Funktionen erfüllen, bieten Custom GPTs eine dynamische Interaktion und Lernfähigkeit. Sie könnten als digitale Alleskönner dienen, die sich an den Nutzer anpassen und damit mehrere Anforderungen gleichzeitig erfüllen – und das in gewohnter Alltagssprache.
2. LLMs: Die Mechanik hinter Custom GPTs
Custom GPTs stehen exemplarisch für die Fortschritte in der personalisierten digitalen Interaktion, doch sollten wir sie pragmatisch betrachten. Solche Systeme gehören zu den Large Language Models (LLMs), einer Art von Algorithmen, die darauf trainiert sind, menschenähnliche Texte zu generieren und zu verstehen. LLMs lernen aus einer enormen Datenmenge, Muster und Sprachstrukturen zu erkennen, um daraufhin Inhalte zu erzeugen oder Fragen zu beantworten, die an sie gerichtet werden.
Custom GPTs nutzen diese Fähigkeiten der LLMs und werden mit speziell ausgewählten Daten gefüttert, um Lösungen anzubieten, die spezifisch auf die Bedürfnisse und Ziele ihrer Nutzer zugeschnitten sind.
3. Selbstversuch: Mein Custom GPT für Grußkartentexte
Die Welt der künstlichen Intelligenz präsentiert sich heute so zugänglich, dass es den Anschein hat, als könne fast jeder eigene Custom GPTs erschaffen. Ich habe einen Custom GPT speziell für die Formulierung von Grußkartentexten erstellt. Die erste Hürde zur eigenen, personalisierten KI sind Kosten: man benötigt die Bezahlversion GPT-4. Das Erstellen eines Custom GPT ist augenscheinlich erstmal simpel: Der GPT Builder von OpenAI, selbst ein Chatbot, führt durch den gesamten Entwicklungsprozess. Er fragt nach den gewünschten Funktionen, den idealen Antworten und den klaren No-Gos. Zudem bietet er die Möglichkeit, eigene Daten und Dateien hochzuladen, um die KI noch besser zu schulen.
Außerdem hat man die Wahl, wer den Custom GPT nutzen darf:
nur von einem selbst
jeder der einen Link hat
öffentlich
Doch trotz all dieser Features zeigte der Praxistest: Mein "Grüße-Guru" lieferte eher Standardphrasen als die gewünschten poetischen Wort-Creations.
Es wird schnell klar, dass wirkliche Personalisierung nicht nur die richtigen Werkzeuge, sondern auch tieferes Verständnis und Geduld erfordert. Ein lehrreiches Beispiel dafür, dass die scheinbare Zugänglichkeit noch keine Garantie für die praktische Meisterung der Technologie ist.
4. Zugänglichkeit von Custom GPTs: Realität und Perspektiven
Die Handhabung von Custom GPTs scheint auf den ersten Blick leicht zugänglich zu sein, jedoch verlangt eine effektive Nutzung über die Grundanwendung hinaus tiefgreifende Kenntnisse und Ressourcen. Für viele Interessierte ohne das nötige technische Wissen oder die finanziellen Mittel endet daher die Machbarkeit häufig bei einer oberflächlichen Nutzung.
In dieser Hinsicht markiert die Ankündigung des GPT Stores, der Anfang 2024 erwartet wird, eine potenzielle Wende.
Diese Plattform soll es auch jenen ohne entsprechende Mittel ermöglichen, spezialisierte GPTs zu nutzen. Allerdings sollte man bedenken, dass vermutlich auch dieser Zugang mit Kosten verbunden sein wird, was die Frage aufwirft, inwiefern er eine echte Chancengleichheit schafft. Es ist daher ratsam, den Launch des GPT Stores und seine Angebote nüchtern zu betrachten und abzuwägen, inwiefern sie tatsächliche Vorteile für den individuellen Anwendungsfall bieten.
5. Datenschutz und Fairness
Die Qualität der zugrundeliegenden Daten spielt eine entscheidende Rolle für die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit von Custom GPTs. Diese personalisierten KI-Systeme lernen und entwickeln sich basierend auf den Daten, die ihnen zur Verfügung gestellt werden.
Hierbei ist es von immenser Bedeutung, dass diese Daten nicht nur umfangreich und vielfältig, sondern auch präzise, aktuell und frei von Verzerrungen sind. Eine schlechte Datenqualität kann zu fehlerhaften oder verzerrten Ergebnissen führen, die die Glaubwürdigkeit und Funktionalität der KI beeinträchtigen.
Darüber hinaus werfen die Auswahl und Nutzung der Daten für Custom GPTs wichtige ethische Fragen auf. Themen wie Datenschutz, die Vermeidung von Bias und die Sicherstellung, dass die KI nicht diskriminierende oder unethische Inhalte produziert, sind zentrale Herausforderungen, die es zu meistern gilt, um das volle Potenzial dieser Technologie verantwortungsbewusst auszuschöpfen.
Abschließende Gedanken: Die Zukunft der Custom GPTs
Die Entwicklung und Nutzung von Custom GPTs steht noch am Anfang, doch das Potenzial dieser Technologie ist unbestreitbar. Sie bietet sowohl Unternehmen als auch Einzelpersonen neue Möglichkeiten, effizienter und zielgerichteter zu arbeiten.
Allerdings erfordert die effektive Implementierung ein tiefes Verständnis der zugrundeliegenden Technologie und eine sorgfältige Beachtung ethischer sowie datenschutzrechtlicher Aspekte.
Die bevorstehende Einführung des GPT Stores wird diesen Zugang weiter demokratisieren, stellt jedoch auch neue Herausforderungen bezüglich Kosten und Zugänglichkeit.
Es ist daher entscheidend, dass wir uns kontinuierlich mit den Chancen und Grenzen dieser fortschrittlichen KI-Technologie auseinandersetzen, um ihre Vorteile voll auszuschöpfen und gleichzeitig verantwortungsbewusst zu handeln.